Wohnungspolitik: Mut zu strukturellen Reformen

Die neue Bundesregierung wird ein schweres Erbe antreten

Aufgrund der konjunkturellen Lage sind die Steuereinnahmen deutlich geringer als ursprünglich geplant, die Liste der notwendigen Investitionen aber lang. So muss deutlich mehr in die Bundeswehr und die Verkehrsinfrastruktur investiert werden, um nur zwei der größten Investitionsausgaben zu nennen.

Auch im Wohnungsmarkt ist die aktuelle Bundesregierung weit von der Erreichung der Ziele erreicht. Im letzten Jahr sind wahrscheinlich nur 260.000 Wohnungen neu erstellt worden, im Jahr 2025 werden es nach Einschätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nur noch 230.000 sein, benötigt werden aber etwa 375.000 Wohnungen pro Jahr. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssten fast 2 Prozent der Gebäude jährlich umfassend saniert werden, tatsächlich sind es aber nur knapp 1 Prozent. Wie kann die nächste Bundesregierung diese Fehlstellungen angesichts schwieriger Konjunktur- und Haushaltslage korrigieren?

Reformen für bessere Aussichten

Tatsächlich werden die Rahmenbedingungen für den Wohnungsmarkt in den nächsten Jahren etwas freundlicher sein als für die Ampelkoalition. Schließlich ist absehbar, dass die Zinsen aufgrund der Normalisierung weiter fallen, wenngleich das Zinsniveau deutlich über dem Tiefststand von 2021 bleibt. Außerdem steigen die Reallöhne weiter an, da auch jetzt noch der Wettbewerb um Fachkräfte in vielen Branchen intensiv ist, was sich positiv auf die Zahlungsfähigkeit für Immobilien auswirkt. Und nicht zuletzt sorgen die bereits deutlich gestiegenen Neuvertragsmieten dafür, dass wieder mehr Menschen Wohneigentum bzw. Kapitalanlage-Immobilien erwerben möchten, wobei die zweite Möglichkeit auch durch die neuen steuerlichen Regeln (degressive Abschreibung von 5 Prozent auf Neubauten) unterstützt wird. So oder so wird sich der Wohnungsbau somit in die richtige Richtung entwickeln, aber eher schleppend und langsam, weshalb dringend Reformen notwendig sind, um ausreichend Schwung zu gewinnen. Die Bundesregierung sollte sich dabei auf drei Themen konzentrieren: Wohneigentumsbildung, Deregulierung des Bauens und Emissionseffizienz.

Eingeschränkt beim Immobilienkauf

Eine Unterstützung für den Wohneigentumserwerb erhalten Haushalte aktuell nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen. Erstens, es müssen Kinder vorhanden sein, zweitens, darf das zu versteuernde Einkommen nicht über 90.000 Euro liegen (bei drei Personen) und drittens wird der Neubaukauf nur dann gefördert, wenn die höchste Energieeffizienzklasse eingehalten wird. Bestandskäufe werden nur dann unterstützt, wenn auf Energieeffizienzklasse A saniert wird. Diese Bedingungen sind so einschränkend, dass es bislang kaum Anträge gab. Auf der anderen Seite liegt die Grunderwerbsteuer in vielen Bundesländern bei 6 Prozent, in NRW sogar bei 6,5 Prozent.

Wohneigentum verdient mehr Unterstützung, denn es gibt einen großen Bedarf an Altersvorsorge und eine höhere Wohneigentumsquote trägt auch zu einer gleichmäßigeren Vermögensverteilung bei und stärkt die Umlandgemeinden gegenüber den Großstädten. Vor allem aber ist eine bessere Unterstützung der Wohneigentumsbildung geboten, um den Wohnungsbau anzukurbeln, schließlich entfällt auf die Gruppe der Selbstnutzer 50 Prozent der Neubauaktivität.

Hohes Eigenkapital notwendig

Angesichts leerer Kassen wird eine Förderung wie das Baukindergeld kaum finanzierbar sein, doch dies ist auch gar nicht notwendig. Viele Menschen scheitern beim Kauf einer selbstgenutzten Immobilie nicht an den laufenden Finanzierungskosten, sondern an den fehlenden Ersparnissen. Die Grunderwerbsteuer, die Notarkosten, die Grundbuchkosten und auch die Maklerkosten können nicht finanziert werden, müssen also mit den Ersparnissen bezahlt werden. Hinzu kommt, dass Banken Eigenkapitalanforderungen haben, so dass die Ersparnisse oft 20 Prozent und mehr des Kaufpreises betragen müssen – bei 500.000 Euro Kaufpreis also schon 100.000 Euro an Ersparnissen. Vergegenwärtigt man sich, dass nur 15 Prozent der Mieter ein Finanzvermögen von mehr als 60.000 Euro haben, wird die Problemlage überdeutlich. Eine Senkung der Erwerbsnebenkosten wäre daher besonders wichtig, aber auch so genannte Eigenkapital-ersetzende Darlehen, die etwa die Förderbanken vergeben, könnten vielen Haushalten den Sprung ins Eigenheim erleichtern. Solche Darlehen sind für den Staat nicht teuer, aber sehr wirksam.

Baustandards deregulieren

Ein zweites wichtiges Thema ist die Deregulierung des Bauens. Die Baukosten sind in Deutschland immer weiter gestiegen, aktuell liegen sie bereits wieder 30 Prozent über dem Niveau von 2021. Dies liegt einerseits auf Grund von steigenden Lohn- und Materialkosten, andererseits aber vor allem an immer weiter steigenden Standards. Ein großes Problem: Erwerber haben in Deutschland nach dem BGB ein Anrecht darauf, dass der Stand der Technik eingehalten wird. Dies klingt nachvollziehbar, bedeutet aber, dass jedes Gewerk wissenschaftlich fundiert und in der Praxis erprobt sein muss – was nichts anders bedeutet, als das Innovationen gar nicht möglich sind. Jede Abweichung kann zu Rechtsstreitigkeiten führen, die in der Regel zu Lasten des Bauunternehmens gehen. So können auch gute und kostensparende Ideen in der Praxis nicht umgesetzt werden. Es ist daher dringend erforderlich, den Rechtsrahmen so zu gestalten, dass er zwar dem Verbraucherschutz weiter Rechnung trägt, aber eben auch Innovationen zu lässt. Dies könnte am ehesten über die Definition von Mindeststandards und zu erreichende Ziele gelingen.

Neue Flexibilität gefragt

Auch das serielle Bauen kann zu einer Senkung der Baukosten beitragen. Über die industrielle Vorfertigung von Gebäudeteilen könnten mittelfristig die Baukosten deutlich reduziert werden. Allerdings bedingt dies, dass auch in ausreichender Zahl Wohnungen gebaut werden. Dies wiederum setzt eine entsprechende Verfügbarkeit von Bauland voraus. Die nächste Bundesregierung ist daher gefordert auf die Kommunen einzuwirken, die Baulandausweisung hochzuhalten und in Großstädten wie Köln auch die dringend notwendige Errichtung von neuen Stadtvierteln zu unterstützen. Ein weiteres Problem sind die immer noch teils sehr unterschiedlichen Landesbauordnungen. So unterscheidet sich zwischen den Bundesländern teilweise die geforderte Deckenhöhe, was für den seriellen Wohnungsbau eine sehr große Herausforderung darstellt.

Emissionseffizienz als Sanierungsmotor

Großes Potenzial für den Wohnungsbau, aber auch die energetische Sanierung, hätte der Übergang von der Energieeffizienz auf die Emissionseffizienz. Die Energieeffizienzstandards sind immer weiter gesteigert worden, heute gilt der Standard EH 55, bis Ende 2021 galt der Standard EH 70. Allein bei einem typischen Einfamilienhaus hat dies zu Kostensteigerungen von rund 15.000 Euro geführt, die Energieeinsparungen waren aber nur gering. Vergegenwärtigt man sich, dass man auch bei Häusern mit rund doppelt so hohem Energieverbrauch mittlerweile Wärmepumpen einbauen kann und damit diese Immobilien klimaneutral heizen kann, wird überdeutlich, dass der Fokus auf Energieeffizienz verfehlt ist. Könnten Bauunternehmen von der Energieeffizienzklasse abweichen, wenn in der Bewirtschaftung Klimaneutralität erreicht ist, könnten die Baukosten deutlich sinken. Dieser Freiraum könnte zudem ein erhebliches Innovationspotenzial freisetzen.

Der Fokus auf die Emissionseffizienz würde auch erhebliche Erleichterungen für die energetische Sanierung bedeuten. Eine Gruppe renommierter Forscher hat berechnet, dass durch den Übergang zur Emissionseffizienz die Kosten der energetischen Sanierung um rund 60 Prozent (!) reduziert werden könnten, gleichsam aber das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden könnte.

Fazit:

All diese Überlegungen zeigen: Es bedarf nicht großer finanzieller Ressourcen, um die Lage im Wohnungsmarkt zu verbessern, sondern es bedarf vor allem mutiger struktureller Reformen – die die nächste Bunderegierung unbedingt angehen muss.

 

Text: Prof. Dr. Michael Voigtländer

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