Interview zur Bundestagswahl 2025
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck im Interview mit HuG
„Rückwärtsrollen sollte man jetzt nicht machen“
Wie kann die Energiewende im Gebäudebestand gelingen? Welche Maßnahmen sorgen dafür, dass klimafreundliches Heizen für alle bezahlbar bleibt? Und wie können mehr Menschen den Traum vom Eigenheim verwirklichen? Im Interview spricht Wirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck über Herausforderungen und Lösungen für eine nachhaltige Wohn- und Baupolitik – von Förderungen über Wärmepumpen bis hin zu sozialverträglicher Sanierung.
Wie kann Ihrer Meinung nach die Energiewende im Gebäudebestand gelingen?
Rund ein Drittel der Gesamtenergie in Deutschland wird derzeit in Gebäuden verbraucht, vor allem fürs Heizen und Warmwasser. Daher ist es besonders wichtig, den Energieverbrauch und die damit verbundenen CO2-Emissionen runterzubringen. Denn wo viel verbraucht wird, lässt sich halt auch viel einsparen, etwa durch den Austausch der alten Heizungsanlage oder den Einbau energiesparender Fenster. Ein Haus energetisch zu sanieren oder zu errichten ist sicher nicht so ganz einfach, aber es lohnt sich auch in vielerlei Hinsicht. Aber natürlich müssen die Menschen in der Lage sein, das umzusetzen. Deshalb unterstützen wir mit der Förderung für effiziente Gebäude Privathaushalte, Unternehmen und Kommunen. Das ist natürlich fürs Klima gut, aber eben auch für jede Bewohnerin und jeden Bewohner. Die Heizkosten können gesenkt werden, der Geldbeutel wird am Ende geschont.
Andere Parteien fordern Änderungen beim Heizungsgesetz. Wie stehen Sie dazu?
Es braucht Planungssicherheit und Verlässlichkeit – für Eigentümer, für Mieter, für Handwerker, für Hersteller. Ein Hü und Hott schadet da. Klar muss man immer schauen, wie man in der Praxis Dinge noch leichter machen kann. Aber Rückwärtsrollen sollte man jetzt nicht machen. Auch die Union hat sich dem Klimaziel verpflichtet: klimaneutral ab 2045. Dafür müssen wir jetzt etwas tun – Schritt für Schritt und mit den Menschen. Und, fragen Sie die Branche, die setzt darauf, dass hier endlich Ruhe einkehrt und nicht schon wieder alles umgestoßen oder gar, wie der CSU-Chef es propagiert, alles abgeschafft wird. Politik muss auch über Legislaturperioden hinaus bei solch wichtigen Projekten wie der Energiewende verlässlich sein.
Was wollen Sie unternehmen, damit der Heizungsumbau für alle bezahlbar bleibt?
Erstens müssen wir uns immer klarmachen: Fossile Energien werden künftig teurer werden. Deshalb ist der Einbau von klimafreundlichen Heizungen wichtig, um vor zu hohen Kosten zu schützen. Und schon jetzt sind Wärmepumpen im Betrieb die günstigste Heizform. Zweitens: Ja, der Umstieg auf klimafreundliches Heizen ist eine Investition, die Eigentümer stemmen müssen. Die Förderung beim Heizungstausch ist deshalb zentral. Deshalb fördern wir die Umstellung mit bis zu 70 Prozent. Wenn jetzt CDU-Vize Jens Spahn die Abschaffung der Förderung oder die Halbierung – er ist da nicht ganz klar – propagiert, muss man sich bewusst machen, was das heißt: Dann wird der Einbau von klimafreundlichen Heizungen für Eigenheimbesitzer und Wohnungseigentümer deutlich teurer: bei einer Anschaffung bis zu 21.000 Euro. Ich sage: Die Förderung muss bleiben.
Welche Pläne haben Sie, um die kommunale Wärmeplanung voranzubringen?
Erst mal bin ich froh, dass es gelungen ist, die kommunale Wärmeplanung auf den Weg zu bringen. Das Wärmeplanungsgesetz ist in Kraft und enthält gerade im Zusammenspiel mit dem Gebäudeenergiegesetz wichtige Weichenstellungen. Und die Umsetzung läuft schon an vielen Orten mit voller Kraft. Ich bin aber der Überzeugung, dass die Kommunen hier weiter unterstützt werden müssen. Die Bundesregierung hat dafür den Ländern und Kommunen ihre Unterstützung bei der Aufgabe der Wärmeplanung zugesagt. So stellen wir mit den Änderungen im Finanzausgleichsgesetz den Ländern für die Erstellung von Wärmeplänen für die Jahre 2024 bis 2028 Mittel zur Verfügung. Weitere Unterstützung kommt durch das Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende in Halle, das insbesondere die Kommunen bei allen Fragen rund um die Wärmeplanung berät. Und es gibt die Förderung durch die BEW, die Bundesförderung effiziente Wärme. Das wird bereits stark genutzt und angenommen.
Das Eigenheim ist und bleibt ein Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger – vor allem junger Familien. Was werden Sie unternehmen, um noch mehr Menschen in Wohneigentum zu bringen?
Das stimmt: Ein eigenes Heim ist für viele ein Lebenstraum. Aber einer, der schwerer erreichbar geworden ist, weil Wohnraum in vielen Gegenden knapp und teurer geworden ist. Bauen, Wohnraum schaffen, der Erwerb von Eigentum müssen einfacher und günstiger werden. Das geht nur, wenn wir mehrere Dinge gleichzeitig tun. Erstens eine realistische Neubaustrategie: Wir sollten alle vorhandenen Potenziale nutzen – bestehende Gebäude aufstocken, ungenutzte Büroflächen zu Wohnraum umwandeln, Dachböden ausbauen, leerstehende Gebäude wieder mit Leben füllen. So können Wohnungen in Arealen geschaffen werden, die schon erschlossen sind und deren Infrastruktur bereits entwickelt ist. Auch das trägt zu Kosteneinsparungen bei. Dazu müssen das Baurecht vereinfacht, Verfahren digitalisiert und bundesweit angeglichen werden. Weniger übertriebene Baustandards, einfachere Planungs- und Genehmigungsverfahren – das ist meine Devise. Zweitens muss der klassische Neubau erleichtert werden. Eine massive Vereinfachung etwa wird das Bauen nach Gebäudetyp E bringen: Hier schaffen wir die Freiheit, von bestimmten teuren Standards abzuweichen, damit es schneller und günstiger geht – natürlich immer unter Wahrung der Sicherheitsstandards. Außerdem müssen wir mit systematischen Praxischecks weitere überflüssige Vorgaben und Bauhemmnisse identifizieren und dann abbauen. Drittens: Die Kaufnebenkosten – Makler- und Notargebühren – müssen runter. Und ich finde eine Wohnungsbauprämie richtig, die speziell Menschen mit geringen Einkommen den Zugang zu Wohneigentum eröffnet.
Die Mietpreisbremse zeigt auch zehn Jahre nach ihrem Inkrafttreten keine Wirksamkeit. Wie geht es weiter mit diesem und anderen Instrumenten, die das Ziel haben, Mieten zu regulieren?
Die Hälfte der Menschen lebt zur Miete. Aber sehr, sehr viele Menschen müssen immer mehr Geld für die Miete ausgeben, sodass es mit dem Einkommen eng wird – gerade für die, die eben keine Spitzengehälter haben. Diese Frage ist eine gesellschaftliche: Alle in diesem Land sollten ein Interesse daran haben, dass die Menschen, die das Leben in den Städten managen, auf die Kinder aufpassen, für die Sicherheit verantwortlich sind, Menschen, die unsere Eltern pflegen, auch in diesen Städten leben können. Deshalb gilt auch hier: Wir brauchen mehr Wohnungen und intelligente und sozialverträgliche Sanierungskonzepte. Und ja, auch den Schutz vor zu hohen Mietpreissteigerungen im Bestand. Auch wenn die Mieten trotz der Mietpreisbremse erheblich gestiegen sind, kann man wohl festhalten, dass sie noch drastischere Entwicklungen verhindert hat. Aber es reicht nicht, sie nur zu verlängern. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass bei regional sehr angespannten Wohnungslagen Mietensteigerungen, die über die ortsübliche Vergleichsmiete hinausgehen, gestoppt werden können.