Cannabis-Anbau
Häufige Konfliktfelder zwischen Vermietern und Mietern
Seit Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes (=KCanG) kommen auch in mietrechtlicher Hinsicht viele Fragen auf. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick zu den häufigsten Fragestellungen und Konfliktfeldern zwischen Vermieter und Mieter sowie Mietern untereinander erfolgen.
A. Privater Eigenanbau
Der nach dem KCanG erlaubte Anbau bzw. das Aufstellen von Cannabis-Pflanzen im angemieteten Wohnbereich bedarf weder der Zustimmung des Vermieters noch einer mietvertraglichen Zusatzvereinbarung. Es handelt sich hierbei schlicht um einen nunmehr legalen vertragsgemäßen Gebrauch der zum Leben und Wohnen überlassenen Räumlichkeiten.
Jedoch hat der Mieter im eigenen Interesse und als Adressat des Gesetzes dafür Sorge zu tragen, dass er die gesetzlichen Anforderungen für den privaten Eigenanbau von Cannabis, geregelt in den §§ 9 und 10 KCanG, einhält. Nach § 9 KCanG ist Erwachsenen an ihrem Wohnsitz der Anbau von insgesamt nicht mehr als 3 Cannabispflanzen gleichzeitig erlaubt. Die Anzahl von drei Cannabispflanzen gilt je volljähriger Person eines Haushalts.
Vorgaben bei Eigenanbau von Cannabis
Im Übrigen enthält das Konsumcannabisgesetz mehr oder weniger konkrete Vorgaben zum Umgang bei Eigenanbau. So normiert § 10 Abs. KCanG: „Cannabis und Vermehrungsmaterial sind am Wohnsitz und am gewöhnlichen Aufenthalt durch geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen vor dem Zugriff durch Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche, zu schützen.“ Für Anbauvereinigung findet man unter § 22 KCanG konkretere Vorgaben: „Befriedetes Besitztum, in oder auf dem Cannabis und Vermehrungsmaterial angebaut, gewonnen oder gelagert wird, ist durch Umzäunung, einbruchsichere Türen und Fenster oder andere geeignete Schutzmaßnahmen gegen unbefugtes Betreten und gegen die Wegnahme von Cannabis oder Vermehrungsmaterial zu sichern.“
Gesundheitsministerium gibt Antworten
Hierauf verweist auch das Gesundheitsministerium in seinen FAQ unter „Worauf ist beim privaten Eigenanbau zu achten?“ wie folgt: „Es sind geeignete Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um das zum Zwecke des Eigenkonsums angebaute Cannabis, Cannabispflanzen und Cannabissamen vor dem Zugriff durch Kinder, Jugendliche und Dritte zu schützen. Das kann beispielsweise erreicht werden, indem Cannabispflanzen sowie geerntetes Haschisch und Marihuana in abschließbaren Schränken oder Räumen aufbewahrt werden. Zudem dürfen keine unzumutbaren Belästigungen und Störungen für die Nachbarschaft verursacht werden. Geruchsbelästigungen können z. B. durch Lüftungs- oder Luftfilteranlagen vermieden werden.“
Vorgaben beim Mietrecht
Aus mietrechtlicher Sicht gilt in diesem Zusammenhang dann in jedem Fall, dass der Mieter für den Anbau bzw. das Aufstellen seiner Pflanzen keine Allgemeinflächen (Gemeinschaftsgarten, allgemein zugänglicher Innenhof, Waschküche, Gemeinschaftskeller usw.) nutzen darf.
Zum einen, weil diese Flächen nicht mitvermietet wurden und allen Mietern zur Verfügung stehen. Zum anderen, weil diese Flächen für Dritte, also Mitmieter sowie deren Kinder und Besucher, zugänglich sind. Es würde also an den geeigneten Sicherheitsvorkehrungen fehlen. Kurz: Allgemeinflächen sind von Mietersachen insgesamt freizuhalten. Auch und insbesondere von Cannabispflanzen.
Werden vertragswidrig Allgemeinflächen mit Cannabispflanzen in Anspruch genommen, besteht die Möglichkeit einer förmlichen Abmahnung. Diese Abmahnung zielt zum einen auf die unrechtmäßige Beanspruchung der Allgemeinfläche, aber auch auf die Gefährdung von Dritten durch Verstoß gegen die Schutzvorschriften des KCanG ab.
Wegen der Gefährdungslage für andere Mieter dürfte hier wohl auch ein Selbsthilferecht des Vermieters zu bejahen sein. Dieser kann unserer Auffassung die Pflanzen sicherstellen und wegschließen. Wiederholte Zuwiderhandlungen trotz Abmahnungen würden dann auch die Kündigung rechtfertigen. Daneben sollte dann aber auch die örtlichen Ordnungsbehörden eingeschaltet werden.
Ort und Anzahl für Anbau
In seiner Wohnung bzw. auf seinem Balkon/ Garten kann der Mieter dagegen seine Cannabis-Pflanzen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ohne Weiteres anbauen und aufstellen.
Wie bereits eingangs geschildert, darf aber keine Plantage angelegt werden. Sämtliche über die Anzahl von insgesamt drei hinausgehenden Cannabis- oder Nutzhanfpflanzen sind unverzüglich und vollständig vom Mieter zu vernichten. Da die Wohnung und/oder der mitvermietete Garten rechtlich als befriedetes Besitztum des Mieters einzuordnen sind, kann der Eigentümer und Vermieter hier keine Selbsthilfemaßnahmen wie zuvor beschrieben ergreifen. Die Plantage im Garten müsste er den Behörden melden.
Rechtsbruch und Prüfung
Ob Verstöße gegen das KCanG derart auf die Rechtsbeziehung zwischen Mieter und Vermieter durchschlagen können, dass eine (fristlose) Kündigung gerechtfertigt wäre, müsste anhand des jeweiligen Einzelfalls geprüft werden.
So war nach „altem Recht“ eine Kündigung durchaus zulässig, wenn in großen Mengen Cannabispflanzen in der Wohnung professionell gezüchtet und weiterverarbeitet wurden (AG Karlsruhe, Urteil vom 3.02.2017, Az. 6 C 2930/16). Diese Rechtsprechung dürfte auch heute noch anwendbar sein, wenn der Bereich der Ordnungswidrigkeit verlassen und strafbares Verhalten nachgewiesen ist (Drogenhandel usw.). Zweifelhaft war aber schon nach alten Recht, ob allein aufgrund von strafbaren Besitzes von Marihuana einem Mieter gekündigt werden konnte (verneinend: AG Frankfurt, Urteil vom 08.02.2019, Az. 33 C 2802/18).
B. Belästigungen/ Beeinträchtigungen durch Cannabiskonsum
Wie geht man aber mit den nunmehr verstärkt festzustellenden Gerüchen in der Wohnanlage infolge Cannabis-Genusses um? Infolge der Legalisierung dürften solche Belästigungen künftig nicht anders zu beurteilen als Geruchsbelästigungen durch Zigarettenrauchen, Kochen oder Grillen.
Zwar mag der Cannabiskonsum in der Wohnung nicht untersagt werden können, auch durch Vereinbarungen im Mietvertrag nicht. Dadurch bestehenden Belästigungen können aber ab einem gewissen Ausmaß als vertragswidrige Beeinträchtigung abmahnungsrelevante Vertragspflichtverletzungen des Mieters darstellen.
Insofern sei in diesem Zusammenhang auch auf die BGH-Rechtsprechung zum Rauchen in der Mietwohnung hingewiesen (BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 - V ZR 110/14). Danach können den gestörten Mitmietern/ Eigentümern Besitzschutz- bzw. Eigentumsschutzansprüche auf Unterlassung zustehen. Salomonisch führt der BGH im Hinblick auf die gegenseitige Rücksichtnahme aus: „…sind dem einen Mieter Zeiträume freizuhalten, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann, während dem anderen Mieter Zeiten einzuräumen sind, in denen er auf dem Balkon rauchen darf.“
Autor: Andreas Geyr, Assessor